Das Gehör

Unsere Ohren werden vielfach als unbedeutende Kopfanhängsel wehrgenommen. Dabei ist unser Gehör ein faszinierendes und vielfältiges Sinnesorgan. Tag und Nach hat es „geöffnet“ und nimmt alle akustischen Geschehnisse auf. Egal wie nah oder fern, wie laut oder leise diese sind. Dank ihm können wir kunstvolle Klangkompositionen geniessen und bezaubernde Geräusche aus der Natur erkennen. Aber es zwingt und auch alltäglichen Lärm zu ertragen. Dafür hilft es uns bei der Orientierung im Raum und warnt uns auch im Schlaf vor drohenden Gefahren.

Bei der lautsprachlichen Kommunikation – dem Sprechen mit dem Mund – nimmt unser Gehör eine entscheidende Rolle ein. Nur wenn wir etwas hören, können wir auch lernen, Lautsprache zuverlässig zu verstehen und wiederzugeben. Es gibt natürlich auch andere Formen der Kommunikation, wie die Gebärdensprache oder das geschriebene Wort, die kein funktionierendes Gehör voraussetzen. Diese sind aber nicht in allen Lebenslagen verfügbar oder lassen sich nicht nutzbringend einsetzen. Die Lautsprache ist daher noch immer das einfachste und häufigste Mittel ein Gespräch zu führen.

Damit alles so funktioniert wie es soll, müssen die einzelnen Abschnitte unseres Gehörs perfekt zusammenarbeiten. Die Medizin teilt unser Gehör in die Abschnitte Aussen-, Mittel- und Innenohr sowie die zentrale Verarbeitung ein. Jeder Abschnitt hat seine eigene Aufgabe und ist ein wichtiges Glied in der Kette vom Hören bis Verstehen.

Anatomie und Funktionsweise des Gehörs

Das Aussenohr

Das Aussenohr besteht aus der uns allen bekannten Ohrmuschel und dem Gehörgang. Ihre Aufgabe ist es den Schall aufzunehmen und an das Mittelohr weiterzuleiten.

Dank der typischen Trichterform der Ohrmuschel hören wir etwas lauter als ohne, da der Schall gebündelt wird. Wenn wir mit der flachen Hand hinter dem Ohr den Trichter grösser machen, wird noch mehr Schall gebündelt und wir hören nochmals lauter. Diese typische Handbewegung wird häufig von älteren Menschen mit einem Hörverlust genutzt.

Der Gehörgang verläuft S-förmig Richtung Trommelfell. Er ist am Eingang knorpelig weich und vor dem Trommelfell knöchern hart, da er durch den Schädel verläuft. Im vorderen Teil befinden sich neben Haaren auch feine Drüsen die verschiedenen Sekrete produzieren. Dieses Gemisch wird Cerumen (Ohrenschmalz) genannt. Es bindet Staub, Schmutz sowie kleine Fremdkörper und hält den Gehörgang feucht. Cerumen bekämpft auch Bakterien und verhindert, dass Insekten ins Ohr kriechen. Wegen den positiven Eigenschaften sollten keine Wattestäbchen benutzt werden und nur den Cerumen am Eingang weggeputzt werden.

Am Ende des Gehörgangs befindet sich das Trommelfell, welches der Beginn des Mittelohrs ist.

Das Mittelohr

Das Mittelohr besteht aus dem Trommelfell, der Gehörknöchelchenkette und der Paukenhöhle mit seiner Ohrtrompete. Ihre Aufgabe ist es den Schall aus dem Gehörgang aufzunehmen und ihn über eine mechanische Bewegung ans Innenohr weiterzuleiten.

Das Trommelfell ist eine gespannte Haut die das Aussenohr luftdicht vom Mittelohr trennt. Der Schall lässt das Trommelfell vor und zurück schwingen. Diese Bewegung wird auf die mit dem Trommelfell verbundene Gehörknöchelchenkette übertragen.

Die drei Knöchelchen der Kette sind die kleinsten Knochen im menschlichen Körper und wiegen zusammen weniger als 60 mg. Sie sind mit mehreren Bändern an der Paukenhöhle befestigt. Das erste Knöchelchen ist der Hammer. Er ist mit seinem Stiel mit dem Trommelfell verwachsen und über ein Gelenk mit dem Amboss verbunden. Dieser ist wiederum über ein Gelenk mit dem Steigbügel verbunden. Bewegt sich das Trommelfell, bewegt sich auf der Steigbügel vor und zurück.

Die Paukenhöhle ist ein mit Schleimhaut ausgekleideter luftgefüllter Hohlraum. Ohne ihn könnte unser Trommelfell nicht schwingen. Der Druck in der Paukenhöhle wird über die Ohrtrompete gesteuert. Sie verbindet das Mittelohr mit dem Rachenraum und sorgt auch für einen Luftaustausch. Sie öffnet sich gelegentlich beim Sprechen oder bei starken Luftdruckveränderungen. Dieses „Ploppen“, das wir bei einer raschen Höhenveränderung (Flugzeug, Seilbahn, usw.) hören, ist die Ohrtrompete die sich geöffnet und den Druck ausgeglichen hat. Wenn dieser Mechanismus gestört ist, kann dies zu Schmerzen oder Mittelohrentzündungen führen.

Die Gehörknöchelchenkette ist mit dem ovalen Fenster, dem Eingang zum Innenohr, verbunden.

Das Innenohr

Das Innenohr besteht aus der Cochlea (Ohrschnecke) und dem Gleichgewichtsorgan. Ihre Aufgabe ist es den Schall in Nervenimpulse umzuwandeln und uns im Gleichgewicht zu halten. Trotz seiner Nähe hat das Gleichgewichtsorgan keinen direkten Einfluss auf das Hören.

Die Cochlea ist wie ein Schneckenhaus gewunden und besteht aus drei mit Flüssigkeit gefüllten Röhren. Die obere und untere Röhre sind an der Spitze der Schnecke miteinander verbunden und ergeben einen Kanal. Am Anfang der oberen Röhre befindet sich das ovale und am Ende der unteren Röhre das runde Fenster. Über das ovale Fenster wird der Schall vom Steigbügel aufgenommen. Die untere und mittlere Röhre sind durch die Basilarmembran getrennt. Auf dieser Membran befindet sich das Corti'sche Organ mit seinen feinen Haarsinneszellen. Werden diese bewegt, entsteht ein Nervenimpuls der über den Hörnerv an das Gehirn geleitet wird.

Bis sich die Haarsinneszellen bewegen braucht es einen komplexen Vorgang: Der Steigbügel drückt auf das ovale Fenster und bringt die Flüssigkeit in der oberen und unteren Röhre zum Schwingen. Diese Schwingung erzeugt eine Welle auf der Basilarmembran, die ihr Maximum bei der entsprechenden Frequenz hat. Durch einen feinen Mechanismus wird an dieser Stelle die Tektorialmembran oberhalb des Corti'sche Organs hin und her bewegt. Diese Bewegung stimuliert wiederum die Haarsinneszellen und erzeugt so einen von uns hörbaren Nervenimpuls.

Die von der Cochlear erzeugten Nervenimpulse werden über den Hörnerv an das Gehirn geleitet, wo die zentrale Verarbeitung startet.

Die zentrale Verarbeitung

Die zentrale Verarbeitung beginnt mit dem Hörnerv, führt über die Hörrinden und endet in verschiedenen Regionen des Gehirns. Die Aufgabe der zentralen Verarbeitung ist es das Gehörte wahrzunehmen, ihm also einen Inhalt zu geben. Nur dank ihr können wir erkennen, welches Geräusch, welchen Klang oder welches Wort wir gehört haben.

In einem mehrstufigen Verfahren werden die Nervenimpulse der Cochlea über den Hörnerv (auch gerne Hörbahn genannt) gefiltert und an die primären Hörrinden auf beide Hirnseiten geleitet. Die primäre Hörrinde verarbeitet das Signal anhand der Frequenzen und leitet es an die sekundäre sowie tertiäre Hörrinde weiter. In diesen beiden Hirnregionen die aktuelle Hörinforation mit bekannten Informationen verglichen, eingeordnet und bewertet. Dies geschieht unbewusst. Ins Bewusstsein dringen nur unbekannte, nicht einordbare oder potentiell bedrohliche Hörinformationen. Hier entsteht, mit dem Sprachzentrum zusammen, auch das Sprachverstehen.

Die zentrale Verarbeitung kann als Programmierung in unserem Gehirn angesehen werden, die durch die Hörentwicklung entstand.

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